ERSTE HILFE AUF SEE – TIPPS FÜR DEN SEENOTFALL

ERSTE HILFE AUF SEE – TIPPS FÜR DEN SEENOTFALL

Notfälle an Bord sind unterschiedlich schwerwiegend. Da meist kein Arzt anwesend ist, muss die zweite anwesende Person wissen, was zu tun ist. Von Maßnahmen gegen Seekrankheit bis hin zum Herzstillstand reicht die Erste-Hilfe-Palette. Bei schweren Notfällen ist über Seefunk sofort professionelle Hilfe anzufordern.

Seekrankheit
Bei Seekrankheit setzen Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und andere Symptome den Passagier außer Gefecht. Der Betroffene sollte nicht unter Deck gehen oder sich hinlegen, sondern den Blick möglichst konstant auf den Horizont richten. Er sollte keinen Alkohol trinken, nichts Schweres essen und die Zigaretten liegen lassen. Weiß man vor einer Segeltour, dass man zu Seekrankheit neigt, helfen Kaugummis und Spezialpräparate mit Ingwer.

Unterkühlung
Bei Unterkühlung nach einem Sturz ins kalte Wasser ist zu beachten, dass die Beine immer niedriger als der Kopf zu liegen kommen sollten. Sobald die nasse Kleidung entfernt wurde, ist der Patient möglichst warm zuzudecken. Die Körpertemperatur liegt bei einer Unterkühlung typischerweise unterhalb von 36 Grad Celsius. Massagen oder ein Trockenreiben der kalten Extremitäten sollten tunlichst unterbleiben. Warme, nicht-alkoholische Getränke können verabreicht werden, wenn der Patient ansprechbar ist. Wichtig ist, dass er wach gehalten wird. Ärztliche Hilfe ist bei schweren Unterkühlungen unverzichtbar. Man erkennt sie an erschwerter Atmung, mangelndem Schmerzempfinden, zunehmender Muskelstarre und Müdigkeit bzw. Bewusstlosigkeit. Der Patient muss in der stabilen Seitenlage gelagert werden, bis Hilfe kommt.

Starke Blutungen
Verletzungen mit starker Blutung können durch verschiedene Umstände eintreten. Äußerliche Blutungen entstehen beispielsweise in Folge von Platzwunden, nachdem man bei einem misslungenen Wendemanöver vom Mastbaum getroffen wurde. Bei Kopfwunden muss man auch an eine Gehirnerschütterung oder ein Schädel-Hirn-Trauma denken. Ansonsten sind Anzeichen für innere Verletzungen zu beachten. Bei einem stark blutenden Körperteil kann Ersthilfe geleistet werden. Trotzdem ist ein möglichst schneller Krankenhaustransport unvermeidlich. Stark blutende Körperteile sollten hochgehalten und mit einem Druckverband versehen werden. Dieser besteht aus einer Wundkompresse, um die eine Mullbinde fest gewickelt wird. Zwischen den einzelnen Wickelschichten sollte ein geeigneter Druckkörper eingebracht werden. Zu Abschnürungen darf es jedoch nicht kommen. Kam es zur Durchtrennung einer Ader, muss amputiert werden oder wurden ein Finger, Arm oder Bein abgetrennt, muss das Körperteil weiter oben abgebunden und ein schneller Transport mit dem Seenotkreuzer oder SAR-Hubschrauber ins Krankenhaus veranlasst werden. Über Seefunk kann man gegebenenfalls Rat einholen, bis Hilfe da ist. Am Arm reicht möglicherweise ein fester Verband, am Bein muss mit einem Knebel gearbeitet werden.

Bewusstlosigkeit oder Atemstillstand
Bewusstlosigkeit oder Reglosigkeit müssen zunächst eine Überprüfung der Vitalfunktionen nach sich ziehen. Außerdem sollte so schnell wie möglich Hilfe angefordert werden. Eine reglose Person sollte man zunächst ansprechen, dann erst berühren. Reagiert sie nicht, müssen sofort eine Atemkontrolle und das Messen des Pulses erfolgen. Gegebenenfalls müssen die Atemwege freigelegt werden. Hört man weder Atemgeräusche noch ist einen Puls festzustellen, liegt ein Atem-Kreislaufstillstand vor. Im anderen Fall ist noch eine Atmung festzustellen. Hier handelt es sich um eine Bewusstlosigkeit. Um bei einem Atemstillstand sofort beatmen zu können, überstreckt man den Kopf im Rückenlage leicht nach hinten. Bei Bewusstlosigkeit legt man den Patienten dagegen in eine stabile Seitenlage. Nachdem die stabile Seitenlage hergestellt ist, ist regelmäßige Atemkontrolle wichtig und es sollte über Seefunk Hilfe geholt werden. Vor dem Beatmen und einer Herzdruckmassage in Rückenlage muss sichergestellt sein, dass die Zunge des Patienten nicht zurückrutschen kann. Sobald man das sichergestellt hat, beatmet man im Wechsel mit Herzdruckmassage. Auf 30 Druckkompressionen kommen 2 Beatmungen über Nase und Mund. Die korrekte Herzmassage erfolgt, indem man beide Hände übereinander auf den Brustkorb in Höhe des Herzens legt und das Brustbein ungefähr 5 bis 6 Zentimeter tief mit Druck belastet. Bei Säuglingen und Kindern ist größte Vorsicht geboten. Je Minute sollten einhundert Kompressionen im Wechsel mit Beatmung erfolgen, bis Hilfe da ist. Traut man sich eine Beatmung nicht zu oder ist sie nicht möglich, kann diese zu Gunsten der Herzdruckmassage fallen gelassen werden. Ist ein Defibrillator an Bord, sollte er eingesetzt werden. Halbautomatische Geräte erklären jeden nötigen Schritt. Da man unversehens in die Verlegenheit kommen kann, solche Maßnahmen durchführen zu müssen, sollte ein regelmäßiges Auffrischen des Erste-Hilfe-Kurses erfolgen.

Schock
Befindet sich ein Mitreisender im Schockzustand, ist ebenfalls sofortiges Handeln erforderlich. Ein Schockzustand kann durch Verbrennungen, starke Blutungen und schwere Verletzungen, Vergiftungen oder anderes verursacht werden. Der Patient wirkt anfangs teilnahmslos, später wird er durch Minderdurchblutung und Kreislaufversagen blass und kühl. Er beginnt möglicherweise zu zittern. Als erstes stehen die Wundversorgung und die Alarmierung von Rettungskräften auf dem Plan. Zeitgleich muss der Schockzustand therapiert werden, da er bei einem Fortschreiten zum Tode führen kann. Man spricht mit dem Betroffenen, beruhigt ihn, öffnet beengende Kleidungsstücke, sorgt für erhöhte Sauerstoffzufuhr und deckt den Patienten zu. Besteht der Verdacht auf eine Schädel-, Nacken- oder Rückenverletzung, darf die Lagerung nicht verändert werden. Atemprobleme oder der Verdacht auf einen Infarkt können mit einem aufrechten Hinsetzen des Patienten beantwortet werden. Die Hochlagerung stark blutender Körperteile versorgt die restlichen Körperregionen besser mit Blut. Bei innerlichen Bauchverletzungen ist eine stabile Seitenlage entspannend.

Sonnenstich, Überhitzung und Hitzschlag
Ein Sonnenstich ist unangenehm, aber nicht lebensgefährlich. Er entsteht, wenn man den Kopf zu lange ungeschützt der Sonne ausgesetzt hat. Der Betroffene klagt über einen steifen Nacken, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Kommt eine Dehydrierung hinzu, spricht man von einer Hitzeerschöpfung. Schüttelfrost, Sehstörungen oder Herzrasen kündigen die Überhitzung des gesamten Körpers an. Als Gegenmaßnahme sollte man viel trinken, die Elektrolyte auffüllen und einen kühlen Ort aufsuchen, wo man ruht. Ein Hitzekollaps kann durch stundenlanges Stehen in der prallen Sonne verursacht werden. Die Hochlagerung der Beine kann hilfreich sein, ansonsten sind die Maßnahmen dieselben wie bei Sonnenstich. An Bord eines Segelbootes kann ein Hitzschlag – eine Körpertemperatur oberhalb von 40 Grad Celsius – fatal sein. Als Symptome sind Dehydration, rasender Puls, Delirium, Krämpfe, Atembeschwerden und andere Überhitzungssignale zu vermelden. Im schlimmsten Fall kann der Patient bewusstlos werden. Es besteht Lebensgefahr. Hilfe muss gerufen werden. Bereits bei den ersten Anzeichen eines Hitzschlags sollte der Patient in den kühlen Schatten gebracht werden. Beengende Bekleidung ist zu entfernen. Die Beine können hoch gelagert werden, um die Durchblutung zu verbessern. Gegebenenfalls muss der Patient mit Eiswasser oder ähnlichem abgekühlt werden.